Inititiative Stolpersteine Landau
Wie erlebst Du die Zeit der Corona-Krise? Wie wirkt sich das auf Deinen Alltag und Dein Schaffen aus?
Ich vermisse die zufälligen Begegnungen, den spontanen Austausch, die Anregungen durch Ausstellungen, Konzerte, Lesungen …, das gemeinsame Kultur Erleben und Kultur Gestalten. Kultur ist eben mehr als individueller Genuss. Alle laufenden und geplanten Projekte ruhen. Aber während wir Veranstaltungen – zugegeben mit logistischem Aufwand – in die Zukunft verschieben können, verändert sich das gesellschaftliche Miteinander, das soziale und politische Klima um uns herum ohne Unterlass. Es bereitet mir Sorge, dass die Interkulturelle Musikwerkstatt aktuell geschlossen ist. Sie ist für mich ein wichtiger Baustein im interkulturellen Austausch, hier findet Begegnung, Kennenlernen, Vertrautwerden statt. Das fehlt, und es wäre so wichtig in Zeiten, in denen Misstrauen wächst und gedeiht.
Es bereitet mir Sorge, dass Gedenkveranstaltungen wie die Stolpersteinverlegung oder Veranstaltungen zum Gedenken an die Deportation nach Gurs oder die Reichspogromnacht nahezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden – müssen. Die Erinnerung daran, welchen Verbrechen Nationalismus und Rassismus den Boden bereiten, darf nicht verloren gehen. Respekt vor dem Gegenüber, Achtsamkeit im Umgang miteinander, Ringen um würdevolle Formen des Mahnens und Erinnerns müssen erprobt werden. Das geht nur miteinander. Die Beschränkung auf mediale Präsentationen ist eine – unverzichtbare – Notlösung.
Es wurden jede Menge Hilfspakete geschnürt – auch für Kulturschaffende und die Veranstaltungsbranche. Funktioniert das für Dich?
Ich muss als Rentnerin aktuell nicht um meine materielle Existenz fürchten, aber ich fürchte um die Existenz vieler – insbesondere kleiner – Kulturinitiativen und Kulturstätten, aber auch vieler freier Kulturschaffender. Miteinander Kultur genießen und gestalten, damit auch gesellschaftliches Leben und Bewusstsein zu gestalten braucht Freiräume. Das sind nicht nur die gerne zitierten Leuchttürme, sondern auch die vielen kleinen Projekte an der Basis und im Alltag. Wir brauchen Räume, deren Ziel nicht zuvorderst im materiellen Zugewinn liegt, sondern in der Teilhabe aller am kulturellen und gesellschaftlichen Leben. Wir müssen uns dafür stark machen, dass Räume, die dieses ermöglichen und fördern, erhalten bleiben und neue hinzukommen. Wir brauchen aber auch die Menschen, die solche Projekte professionell begleiten oder durch ihre Mitwirkung erst ermöglichen und die die Ehrenamtlichen mit ihrer Expertise unterstützen – organisatorisch, technisch, logistisch. In diesem Zusammenhang sind Fördermittel unverzichtbar.
Was sind Deine Wünsche für die Zukunft der Kulturstadt Landau?
Ich wünsche mir, dass die Freie Szene und die freien Kulturschaffenden in Landau gestärkt werden, dass bestehende Einrichtungen erhalten bleiben können, neue hinzukommen. Das kann geschehen durch logistische Unterstützung, z. B. In Form von
- Einrichtung und Unterhaltung einer digitalen Plattform, über die Räume, Kooperationen, Kompetenzen … vermittelt und ausgetauscht werden können. Dies erfordert professionelle Unterstützung, die einzelne Kulturschaffende bzw. kleine Kulturinitiativen vielfach nicht aus eigener Kraft und alleine erbringen können.
- Einrichtung und Unterhalt einer Beratungsstelle für freie Kulturschaffende und Ehrenamtliche aus den Vereinen. Sie kann ortsnah in Vorträgen, Workshops und Seminaren notwendige Kompetenzen vermitteln (z. B. Abgabepflichten im Kulturbetrieb), in Einzelberatungen bei konkreten Problemen und Projekten helfen (Welche Förderung für welches Projekt?) und ggf. Kontakte zu möglichen Kooperationspartner*innen herstellen/vermitteln ähnlich wie die Wirtschaftsförderung – die sich in Landau ja bewährt hat.
Bei allen Maßnahmen muss spürbar werden, dass Kultur nicht das Sahnehäubchen für den Alltag ist, sondern unverzichtbarer Bestandteil im Miteinander aller Menschen, die in Landau leben.