Ivo Pügner

Musiker

ivopuegner.de

Wie erlebst Du die Zeit der Corona-Krise? Wie wirkt sich das auf Deinen Alltag und Dein Schaffen aus?

Die der ganzen Welt, und eben persönlich auch mir auferlegte Entschleunigung zu erleben war eine völlig neue, bisher nie erlebte Erfahrung, mit der eine große Herausforderung entstand, dabei auch Positives zu erkennen.

Keine Konzerte, Begegnung reduziert auf die wenigsten, einem lieben Menschen.

Viel Zeit um sich darüber bewußt zu werden, wie schmal der Grad unserer bisherigen Leichtigkeit eigentlich wirklich gewesen ist. 

Zentriert auf sich selbst und bereichert um die Erkenntnis, dass es eigentlich sehr wenig bedarf um sich glücklich und dankbar zu schätzen, dass wir in einem Land leben, welches uns ermöglicht im Grunde das Wesentliche zu besitzen. Ein Dach über dem Kopf, Grundlegendes, was man zum Leben braucht, einkaufen zu können, krankenversichert zu sein, wundervoll erwachsene, gesunde Kinder zu haben, die sich ebenso sinnvoll Gedanken machen und ihren Teil dazu beitragen, sich und andere zu schützen, in realistischer, bodenständiger Einschätzung um das, was gerade mit der Welt, der Natur und dem Mensch geschieht. Und im Hinblick darauf erkennen wir gemeinsam, dass jeder Mensch selbst Schlüssel sein wird für die weitere Entwicklung der Pandemie, im Zusammenhalt und gegenseitiger Rücksichtnahme, getragen von grundlegender Dankbarkeit und Demut, in Achtsamkeit des Miteinanders von Mensch und Natur.

Zentriert auf dieses Bewußtsein verbringe ich viel Zeit in meinem Garten, bin intensiv im Austausch mit meiner Familie und verwandle gemeinsam mit meiner Frau Marion unsere vielen intensiven Gedanken und Wahrnehmungen, die wir zu der momentanen Situation und auch zu unserem Leben haben, in eigene Songs die wir darüber schreiben.

Manche auch in der Bewertung des Verhaltens uns bisher nahgeglaubter Menschen, im Umgang mit der momentanen Situation und auch mit uns.

Die vielen Chansons, die Reinhard Mey in über 50 Jahren geschaffen hat, geben mir sehr viel Halt und Motivation, weiter und weiter diese Vielfältigkeit seines Schaffens einzustudieren, um hoffentlich irgendwann wieder Konzerte, in Leichtigkeit, auf den vielen mit verbundenen Kleinkunstbühnen zu geben. Ein Highlight für mich ist, dass Reinhard Mey selbst in diesem Jahr eine Tour geplant hat, die hoffentlich stattfinden kann. Für Offenburg haben wir Karten bekommen, das macht mich sehr glücklich. Die Vorfreude darauf gibt mir sehr viel Kraft zu stärkt meine Hoffnung, dass alles wieder gut werden kann.

Es wurden jede Menge Hilfspakete geschnürt – auch für Kulturschaffende und die Veranstaltungsbranche. Funktioniert das für Dich?

Die November- und Dezemberhilfe und die Neustarthilfe konnte ich Gott sei Dank beantragen und so sind wir etwas leichter in das neue Jahr gestartet, in Zuversicht.

Wir konnten diese Hilfen innerhalb kürzester Zeit erhalten, auch Dank Unterstützung unseres Steuerberaters. Das hat seitens der Behörden reibungslos und zeitnah und unkompliziert funktioniert.

Seitens der Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur habe ich ein Stipendium erhalten, das es mir ermöglicht im Rahmen des Kulturschaufensters Rheinland-Pfalz meine Arbeit in Form von Projekten vorzustellen. Die unglaubliche Intensität und Textvielfältigkeit der Chansons von Reinhard Mey bedürfen sehr viel Zeit um diese neu einzustudieren und bereits erlernte zu perfektionieren. Diese kann ich mir im Moment sehr viel mehr nehmen als bisher.

Was sind Deine Wünsche für die Zukunft der Kulturstadt Landau?

Es wäre ein Geschenk, wenn die Kulturverantwortlichen der Stadtverwaltung Landau mehr auf regionale Künstler und die Förderung kleinerer Kulturbühnen setzen würden, wie z.B. das Haus am Westbahnhof.

Das wundervolle Alte Kaufhaus bleibt ganz oft international und überregional bekannten Künstlern vorenthalten. Damit läßt sich eben wohl richtig Geld verdienen, so schätze ich es ein und fördert das Prestige der Stadt.

Eine einzigartige alternative Kulturstätte, die es heute leider nicht mehr gibt, das ehem. „Kreuz & Quer“ liegt heute in Schimmel und Staub gegenüber des C&A. Wöchentlich fanden dort Freitagabends einzigartige Konzerte statt, die Familie Croissant mit einem tollen ehrenamtlichen Team organisiert hat. Mit ca. 100 Gästen war es ein immer wieder besonderes Erlebnis in diesem herrlichen Gewölbekeller Konzerte zu erleben. Ich selbst spielte dort über 10 Jahre vor ausverkauftem Haus. Es hat sich immer angefühlt, wie „nach Hause kommen“ zu einer tollen Familie mit diesem wunderbaren, engagierten Team. Als das Haus in finanzielle Miet-Schwierigkeiten kam, wurde meines Erachtens seitens der Stadt Landau keinerlei Unterstützung geleistet. So hat es vielen engagierten Menschen den gemeinsam aufgebauten „Boden unter den Füßen“ für ihren sozialen, ehrenamtlichen Kontakt, weggerissen. Und vielen regionalen Künstlern eine einzigartige Konzertbühne.

Das Haus am Westbahnhof ist auch eine tolle besondere Kulturstätte in Landau, welche es Gott sei Dank schafft, aus eigenen Mitteln und auch durch Spenden, Kulturerlebnisse für viele Menschen zu schaffen, sei es mit Konzerten, mit verschiedensten Möglichkeiten des Musikunterrichts, Kleinkindangebote musikalischer Früherziehung usw. und auch besondere Projekte, die das Team immer wieder auf die Beine stellt.

Ich als Künstler fühle mich neben dem Haus am Westbahnhof in Landau, ebenso wundervollen Kulturbühnen in der Region und deren Teams persönlich über viele Jahre verbunden, sei es dem Brennofen in Ilbesheim, der Kulturbühne des Weingut Disqué, der Quetschkommod in Ottersheim, „Kultur im Turm“ in Speyer, DorfART in Böhl-Iggelheim.

Kulturstadt Landau, das ist seitens der Kulturverantwortlichen der Stadtverwaltung etwas Großes, Geldbringendes, Elitäres. Da fühle ich mich persönlich nicht wirklich so gesehen und willkommen, als in (zum Glück) vielen anderen Orten und Kulturstätten unseres Landes.